Wer sich ein bisschen mit Klettermöglichkeiten im Süden Europas beschäftigt wird schnell auf Leonidio stoßen. Das kleine Dörfchen liegt auf der Halbinsel Peloponnes im griechischen Festland und hat in den letzten Jahren einen enormen Boom unter Kletterern erfahren. Unzählige Routen, gutes Gestein und gleichzeitig eine große griechische Gastfreundschaft und gute Infrastruktur. Klingt ganz nach… genau, Kalymnos natürlich! Die schon deutlich ältere und etabliertere große Schwester. Ich gebe zu, uns ist die Entscheidung zwischen den beiden Regionen sehr schwer gefallen. Beide liegen in Griechenland, beide haben eine Unzahl guter Klettergebiete, beide liegen am Meer und bei beiden ist dann die beste Jahreszeit, wenn es bei uns in Deutschland schon unangenehm kalt wird.
Schlussendlich haben wir uns dann doch für Leonidio entschieden. Ausschlaggebend hierfür waren vor allem die etwas geringere Bekanntheit (was beim klettern dann ja immer auch mit weniger abgespeckten Routen einher geht) und die günstigeren Flugpreise. Natürlich wissen wir (noch) nicht, wie es in Kalymnos gewesen wäre, aber soviel vornweg: Uns hat Leonidio sehr gut gefallen. Es gibt extrem viele Routen, die Absicherung dieser ist grandios und gleichzeitig bietet die Umgebung, das Städtchen und die Strände genug Aktivitäten für Pausetage.
Inhalt
- Anreise und Infrastruktur
- Anforderungen
- Klettergebiete Malta
- Aktivitäten für Pausetage
- Vergleich zu anderen Gebieten
- Fazit
Anreise und Infrastruktur
Anreise
Wir sind mit dem Flugzeug von Stuttgart nach Athen geflogen und von dort dann mit dem Mietauto weiter nach Leonidio. Die Autofahrt ist mit knapp 220 km relativ lang, jedoch führt die Strecke größtenteils an der Küste entlang und ist somit sehr sehenswert. Für alle, die kein Auto mieten wollen gibt es einmal pro Tag auch eine Busverbindung.
Wenn man nicht so lange in Leonidio bleibt und direkt im Zentrum seine Unterkunft hat braucht man nämlich tatsächlich eigentlich kein Auto. Eine Vielzahl der Klettergebiete lassen sich direkt vom Zentrum aus zu Fuß erreichen und in Leonidio selbst bekommt man alles, was man braucht. Wir hatten unsere Unterkunft ca. 7 km entfernt von Leonidio (Elenas Family Apartment, große Empfehlung!) weshalb für uns das Auto definitiv sinnvoll war. Wenn man ein Auto mietet auf jeden Fall darauf achten ein möglichst kleines Modell zu nehmen, da die Gassen in Leonidio z.T. wirklich sehr eng sind. Wer ohne Flugzeug anreisen möchte kann dies auch machen – entweder auf dem Landweg über den Balkan oder per Fähre von Italien.
Infrastruktur
Allgemein ist die Infrastruktur in Leonidi0 vollkommen ausreichend. Es gibt ein paar kleinere Supermärkte, Bäcker, Apotheken und natürlich Klettershops, in denen man auch so ziemlich alles bekommen sollte was man für einen Kletterurlaub braucht. Insbesondere in den Cafés und Restaurants ist das Preisniveau (Stand Oktober 2024) noch deutlich geringer als in Deutschland, Lebensmittel sind dagegen etwas teurer als bei uns.
Was die medizinische Versorgung angeht können wir (zum Glück) keine Aussage machen. Es gibt ein kleines Gesundheitszentrum und ein paar Ärzte, bei größeren Notfällen müsste man jedoch in die nächst größeren Städte (Sparta oder Tripoli) fahren, die jeweils knapp 100 km entfernt sind.
Jahreszeit
Die beste Jahreszeit zum klettern ist von Oktober bis April. Wir waren Mitte Oktober dort und dort war es zum Teil schon noch sehr warm. Viele Klettergebiete haben ganztägige Sonnenexposition („The crag bakes in the sun all day“) und es gibt nur wenige niedrige Büsche am Wandfuß. Gleichzeitig ist der Vorteil dieser Randzeiten natürlich, dass man noch (oder schon wieder) im Meer schwimmen kann und generell etwas weniger los ist.
Anforderungen
In Leonidio gibt es Routen für wirklich jedes Kletterniveau. Von Anfängerrouten (wir haben sogar ein paar Kleinkinder gesehen, die ersten Kletterversuche unternommen haben) bis hin zu absoluten Profirouten ist alles dabei. Die Absicherung ist dabei wirklich sehr gut. Die Hakenabstände sind gering und zumindest in den Gebieten, in denen wir geklettert sind gab es am Umlenker immer zwei Ringe, wodurch auch Toprope problemlos möglich ist.
Die Felsqualität ist sehr gut, das Gestein fest und auch noch nicht so abgespeckt wie in anderen Gebieten. Es empfiehlt sich auf jeden Fall ein 80 Meter Seil mitzunehmen, da manche Routen sehr lang sind. Aufgrund der guten Absicherung benötigt man zwar viele Exen, aber ansonsten keine weiteren mobilen Sicherungsgeräte (wenn man nicht gerade eine der wenigen Trad Routen klettern möchte).
Klettergebiete Leonidio
Es gibt in Leonidio unzählige Klettergebiete, weshalb ich hier natürlich nur von einem Bruchteil erzählen kann. Es ist auf jeden Fall ratsam sich den lokalen Kletterführer zu besorgen, der wirklich sehr gut strukturiert ist und bei dem es vorne eine Übersicht über die Routen und die Verteilung der Schwierigkeiten gibt. Gleichzeitig ist natürlich The Crag noch eine weitere gute Informationsquelle.
Hospital
Der Weg zu diesem Klettergebiet ist extrem steil und unwegsam und man sollte unbedingt gut zu Fuß sein. Dafür kann man jedoch direkt von Leonidio aus starten und von oben gucken ob die Lieblingspizzeria schon den Ofen angeheizt hat 😉 Darüber hinaus wird man von sehr schönen und fast durchgehend langen Routen belohnt (viele Routen haben eine Extension, die mit einem 80 Meter Seil kletterbar sind). Die Absicherung ist nicht ganz so großzügig wie in den anderen Gebieten, aber trotzdem immer noch ausreichen. Insgesamt ist der Wandfuß der schmal und bei manchen Routen muss sich auch der Sicherer in ein Fixseil einhängen, für Kinder sollte dieses Gebiet daher weniger gut geeignet sein.
Douvari
Ähnlich wie Hospital, nur mit einer noch besseren Absicherung und kürzeren Routen. Hier ist der Vorteil, dass es am Wandfuß der viel Gebüsch gibt und man daher auch recht gut bei Sonne klettern kann. Das Gebiet lässt sich genauso wie Hospital gut von Leonidio aus erreichen, auch hier ist jedoch der Anstieg wieder sehr lang und steil.
Kokkinovrachos Multi-Pitches
In Leonidio gibt es leider nur eine Handvoll Multipitches (aus unserer Sicht der einzige wirkliche Nachteil an diesem Klettergebiet) und von denen, die es gibt sind auch nur zwei in einem unteren Schwierigkeitsbereich (< 6 Grad). Aber die zwei haben wir natürlich getestet und hatten dabei großen Spaß. Mignonette besteht aus sieben Pitches, wobei die Schwierigkeit jedoch durchgehend moderat ist.
Direkt neben dieser Route wurde 2023 dann noch eine weitere Route geschraubt, die bei uns im Kletterführer noch gar nicht drin war. Auch diese Route ist sehr gut machbar, jedoch gibt es hier ein Pitch im sechsten Grad welcher durch loses Gestein führt und den ich vermutlich nicht einfach so hätte vorsteigen können. Außerdem ist die Gefahr für Steinschlag in der gesamten Route hoch. Wir sind kurz nach einer anderen Seilschaft in die Wand eingestiegen und würden das definitiv nicht nochmal machen.
Von beiden Routen kann man sich über einen Abseilstand abseilen. Hierfür muss man zuerst ein Stück entlang eines Fixseiles absteigen (der Weg dorthin ist sehr gut mit Seinmännchen markiert) und dann zwei Seillängen abseilen. Hierfür ist ein 80 Meter Seil von Vorteil.
Yellow Eyes
Dieses Klettergebiet haben wir erst am vorletzten Tag entdeckt, nachdem es in den Gebieten direkt um Leonidio immer voller geworden ist. Die Anfahrt ist etwas länger und führt zum Teil über Schotterpisten, aber selbst unser Fiat 500 ist da problemlos drüber gekommen. Dafür liegt das Gebiet jedoch sehr schön und man ist nicht immer dem Straßenlärm des Dorfes ausgesetzt. Es gibt einige sehr schöne Routen, die allesamt etwas leichter sind als die Schwierigkeitsbewertung vermuten lassen würde (gut fürs Ego ;)). Gleichzeitig ist der Zustieg nicht so steil und lang. Für alle die ein Auto haben also sehr empfehlenswert!
Skiadianaiko
Dieses Klettergebiet ist im Kletterführer als absolut kinderfreundlich beschrieben und dementsprechend waren hier auch sehr viele Kinder (und Kletterkurse). Das kann nett sein, gleichzeitig waren dadurch viele Routen den ganzen Tag über belegt. Wir mussten mit dem Gebiet am Anfang etwas warm werden, da es bei den Routen im etwas höheren Schwierigkeitsbereich nur sehr kleine Griffe und Tritte gibt. Wer das mag und vielleicht sogar noch seine Kids oder eine Horde neuer Kletterfreaks dabei hat: Ideal!
Aktivitäten für Pausetage
Leonidio eignet sich hervorragend auch für andere Aktivitäten als Klettern! Ich war an unseren Pausetagen immer lange Runden laufen – entweder direkt am Meer entlang laufen oder durch das hügelige Hinterland. Der Vorteil ist, dass bei letzterem gleich auch noch ein paar Höhenmeter gesammelt werden können. Auch Rennradfahrer haben wir einige gesehen, leider konnte ich keinen Laden ausfindig machen die Rennräder verleihen.
Wer es weniger sportlich mag, dem können wir das Kloster Elona sehr empfehlen. Dieses ist direkt in Stein gebaut und daher sehr imposant. Alternativ kann man von Leonidio aus zu Agios Nikolaos laufen. Auch hierbei handelt es sich um ein Felsenkloster und der ca. 8 km lange Weg dorthin ist zwar anstrengend, aber sehr schön! Wer mehr Kultur möchte der kann natürlich noch nach Sparta oder Tripoli fahren, wir haben darauf in diesem Urlaub aber mal komplett verzichtet 😉
Wenn man lecker essen möchte empfiehlt sich die Pizzeria „En Leonidio“, hier waren wir quasi Stammgäste. Kurz nachdem man sich gesetzt hat gibt es frisches Pizzabrot als Starter und als Hauptgang dann hervorragende Salate und Pizzas, die definitiv für alle (Kletter-) Anstrengungen entschädigen. Außerdem bekommt man zum Nachtisch je nach Bestellwert eine Gratis Waffel oder Eis, und insbesondere die Waffel ist wirklich himmlisch lecker.
Allgemein eignet sich das Städtchen total um dort auch ein bisschen mehr Zeit zu verbringen, überall sieht man Kletterer, die Einheimischen sind sehr nett und die gesamte Atmosphäre einfach total besonders.
Vergleich zu anderen Klettergebieten
Der jährliche Kletterurlaub ist für uns fast schon Tradition geworden – letztes Jahr waren wir in Malta (hier geht es zu dem Bericht über diesen Urlaub) und vorletztes in Kreta. Dementsprechend können wir zumindest diese drei Gebiete miteinander vergleichen.
Kreta und Malta sind natürlich nicht primär für ihre guten Klettergebiete, sondern vielmehr als allgemeine Urlaubsinsel bekannt. Dementsprechend ist hier natürlich die Infrastruktur für Kletterer nicht so gut ausgebaut wie in Leonidio. Gleichzeitig hat die geringere Bekanntheit den entscheidenden Vorteil, dass die Klettergebiete die es gibt nicht so überlaufen sind. Außerdem hat uns die Lage der Gebiete etwas mehr gefallen – so sind wir auf Malta häufig direkt am Meer geklettert und haben statt dem Autolärm in Leonidio die ganze Zeit das Meeresrauschen gehört. Auch Kreta hat einige deutlich abgelegenere und einsamere Gebiete geboten.
In Leonidio gibt es kaum ein Klettergebiet direkt am Meer. Dafür hat man hier natürlich einen stärkeren Kontakt zu anderen Kletterern und der ganze Vibe ist natürlich schön. Wen es nicht stört Seil an Seil mit anderen Kletterern dem Sport nachzugehen und wer vielleicht auch ein bisschen Gesellschaft und Austausch mit Gleichgesinnten sucht, für den ist Leonidio sicher ideal.
Was die sonstigen Aktivitäten angeht so sind alle drei Orte ähnlich. Überall gibt es ein paar Museen, überall kann man gut wandern oder eine Runde laufen gehen. Wie ich aber ja auch schon in meinem Blogpost über Malta geschrieben habe ist das Land einfach nicht so schön, da haben Leonidio und Kreta definitiv die Nase vorn.
Fazit
Leonidio ist definitiv ein Besuch wert. Die Klettermöglichkeiten sind unendlich groß, die Absicherungen wirklich gut (das ist insbesondere für mich ein wichtiges Kriterium) und es gibt genügend Möglichkeiten für andere Aktivitäten. Darüber hinaus ist das Gebiet (noch) nicht so überlaufen und die Menschen sehr freundlich. Der einzige Nachteil ist, dass es wenige Routen direkt am Meer gibt – oder wir sie noch nicht gefunden haben. Falls dies der Fall ist werden wir wohl auf jeden Fall noch mal wieder kommen müssen!